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Eine Busfahrt

Neulich fuhr Günni mit dem Bus nach Hause und wie so oft flog ihm wieder ein genialer Gedanke zu. Um diesen festzuhalten, zückte er sein Genialitätennotitzbuch aus der Innen-tasche seiner erst vor kurzem erworbenen Pilotenjacke. Wenn man so eine Jacke an hat, kommt man sich gleich viel wichtiger vor – so als wäre man wirklich Pilot und würde mit dem Shuttlebus des Flughafens zur Boing 747 gebracht.

Just in dem Moment, als er auch noch den Genialitätenschreiber zwecks Aufzeichnung der Genialität zwischen den Fingern der rechten Hand vorschriftsmäßig positionierte, muss wohl ein anderer Dussel, dessen Identität wir nicht kennen in einer unüberlegten Handlung kurzfristig sein garstig Gefährt direkt vor das Massenpersonenbeförderungsmittel bugsiert haben. Dieses Missgeschick veranlasste den unterbezahlten Chauffeur hinter dem Volant mittels seines rechten Fußes derartig auf das für Verzögerung zuständige Pedal zu treten, was den  Oberkörper des armen Günni  durch Einwirkung der Fliehkraft derart nach vorn schnellen lies, dass er die obere Hälfte seiner Kauwerkzeuge mit ungeahnter Wucht in  die zur Abstützung des Rückens erforderliche Vorrich-tung des vor ihm positionierten Sitzmöbels rammte. Es dauerte Sekunden, bis er seine ursprüngliche Sitzposition wieder eingenommen hatte.

Unglücklicherweise ist bei diesem Ereignis die Polyäthylentasche, welche das für den gemütlichen Abend vorgesehene Trinkgut

beherbergte, durch eben schon benannte physikalische Kraft derart in Fahrtrichtung katapultiert worden, dass eine der drei Glasflaschen dieser für das Material nicht vorgesehenen Beanspruchung nicht gewachsen war und somit in mehrere Einzelteile zerlegt wurde. Der aus den Bestandteilen Zucker, Malz und anderer Unsinnigkeiten zusammen-gemurkste Inhalt verteilte sich einem Mini-Tsunami gleich über den Boden und ergoss sich schließlich im wahrsten Sinne des Wortes überflüssigerweise in die Fußbehältnisse des vor Günni platzgenommenen jungen Mannes.

Die Überraschung des Jünglings war größer als sein Ärger, dieser wiederum kleiner als die Enttäuschung. Brav hielt er seine einzelne rote Rose für sein allerliebstes Herzblatt weiterhin in der Hand, hob die Füße, streckte die Beine so weit es ging von sich um auf diese Weise wenigstens eine Teilentleerung seiner Schnell-starttreter zu erreichen.

Grundlos entschuldigte Günni sich für das unbedachte Verhalten anderer Verkehrs-teilnehmer.

Der Leidtragende konnte nicht genügend Interesse für Günnis eigene Erniedrigung aufbringen, um Günni zufrieden zu stellen. Immerhin hatte Günni selbst einen großen Verlust erlitten.

Für die Zukunft nahm Günni sich vor bei Busfahrten mehr auf die Straße und andere geistig umnachtete Menschen zu achten und so zu tun, als sei er wirklich in der Verantwortung eines hochbezahlten Flugkapitäns.

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